Metropolis

2022  —  Holzschnitt

Nacht!

„Wenn knackend voll und zischend durch die Hallen
der letzte Untergrundbahnzug mit Pfeifen saust –
wenn du den Mädchen, die dir sehr gefallen,
von wegen morgen früh nicht gerne traust –
wenn sie diskret dich in die Bar verschleppen
und dich dort neppen, neppen, neppen, neppen –
bis ihr am Alexanderplatz erwacht:
dann ist es Nacht, die Neu-Berliner Nacht …
Der Asphalt glitscht. Die Bogenlampen funkeln.
Der Regen rinnt. Die Nebelschwaden ziehn.
Die Tugend wackelt – bis sie fällt – im Dunkeln …
Und schöner bist du nicht, du mein Berlin!“

Kurt Tucholsky


Monochromer/polychromer Holzschnitt in MDF, eine bzw. zwei Platten, Kupfer­tief­druck­farbe, japanische Drucktechnik mit dem Baren, Papiermaß 70 x 100 cm (B x H) , Plattenmaß 60 x 80 cm (B x H)

Es war das Poster zu Fritz Langs berühmtem Film (1930), das mich vor vielen Jahren schon berührt hatte und im Kopf hängengeblieben war. Und beim Lesen einer Chronik der 1920er Jahre stieß ich wieder darauf: das fast überirdisch und roboterhaft wirkende, kühle Erotik verstrahlende Frauengesicht – ganz im Art-Déco-Stil. Für mich steht es symbolisch für diese Zeit des Umbruchs, der Unsicherheit nach dem Zerfall des Kaisertums, die gerade in der Metropole Berlin ausgefüllt wurde mit ausschweifender Lebenslust, einem neuen, provokant liberaleren, selbstbestimmten Frauenbild mit dem fast revolutionär emanzipatorischen Bubikopf, mit einem bis dato so nicht bekannten, feucht-fröhlichen Nachtleben und einer fortschreitenden industriellen Technisierung.