Üblicherweise wird vom Live-Modell abgebildet, was aber bei Selbstportraits mit Fotos und Blicken in den Spiegel auch gewährleistet ist. In meinem Falle – der Abbildung meiner Enkel – war dies nicht möglich. Zum einen wohnen die Kinder weit weg und zum anderen würden sie auch keinesfalls lange stillsitzen können.
So mußte ich den umständlicheren, schwierigeren Weg wählen, wie mir Dozentin Anna versicherte, nämlich zunächst das ausgewählte Kind aus mindestens acht Perspektiven zu fotografieren, dann die Fotos im Format DIN A4 auszudrucken, so daß fast die Originalgröße des Kopfes resultiert.
Nun mußten noch die Maße der Gesichtsproportionen ausgemessen werden und in die Fotos (in Zentimetern) eingetragen werden – allerdings jeweils plus 10%, um der späteren Schrumpfung des Tons beim Trocknen und Brennen Rechnung zu tragen.
Des Weiteren folgte ich Annas Weg der Gestaltung, nämlich des Aufbaus in Ton vollplastisch zur groben Kopfform und somit nicht als Hohlform durch Aufschichten von Tonplatten oder Tonringen – so unterschiedlich sind die beiden Hauptstrategien.
Bei dem steinbildhauerischen Weg wird ja rein subtraktiv gearbeitet: man erschafft eine Skulptur durch Abtragen aus dem Steinblock. Fraglos ist man da unflexibler als beim Arbeiten mit Ton, aber auch hier wird von der groben Form in das Details gearbeitet und dies immer dreidimensional, „an allen Stellen gleichzeitig“ am besten und damit auch schwierig.
Beim Arbeiten mit Ton erschafft man also eine Plastik, als Hohlform oder direkt aus einem Tonblock oder aber durch Auftrag einer Tonmasse auf einen Montageständer. Beim weiteren Arbeiten wechseln sich Auftragen und Abnehmen ab: es ist ein plastischer Schaffensprozeß. Eine Montagehilfe erleichtert nicht nur das Arbeiten an sich, sondern auch das spätere Aushöhlen des Tonmodells – eine unverzichtbare Bedingung für das spätere Brennen: ein massiver Block reißt leicht, bzw. bekommt große Risse.
Nun wird also auf dem Ständer durchgeknetete Tonmasse fest aneinandergefügt, wobei Lufteinschlüsse unbedingt vermieden werden müssen: sie könnten beim Brennen durch ihre Ausdehnung nicht nur zu Rissen, sondern auch zum Wegsprengen ganzer Tonstücke führen.
Wenn die grobe Kopfform gefunden ist, erfolgt zunächst die Darstellung der Augenhöhlen durch Abtragen von Ton aus der Mitte des Kopfrohlings: in sie hinein werden erst später die Augen geformt. Nase, Mund und Ohren jedoch werden hauptsächlich durch Ansetzen von Ton gebildet. Schließlich folgt das Aufbringen von Ton für die Haardarstellung.
Nachdem alle Feinarbeit abgeschlossen ist, muß der Tonkopf ausgehöhlt werden, um Problemen beim Brennen aus dem Weg zu gehen. Dazu erfolgt die Abtrennung der „Schädeldecke“ mit einem feinen Zugdraht.
Und nun muß ausgehöhlt werden …
Meine anfängliche Sorge, man könne die Trennlinie doch später sehen, zerstreute sich: mit Wiederan „kleben“ mittels Tonschlämme und nachhöriger Glättung bzw. Nacharbeiten der Haarstrukturen läßt sich die „Skalpierung“ perfekt kaschieren.
Mittels andersfarbiger Tonschlämme (Engobe) kann man z.B. auch den Haarschopf noch hervorheben, ganz nach eigenem Gutdünken.
Anhang: Bau eines Montageständers in Bildern
Mittels perforierter Unterlegscheiben läßt sich die Höhe des aufzubauenden Modells noch variieren, z.B. für Kinderkopfgröße statt der eines Erwachsenen.